Wissenschaft erhebt keinen Anspruch auf absolute Wahrheit.
Die Wissenschaft an sich theoretisch vielleicht nicht, aber Wissenschafter sind ja trotzdem Menschen. Menschen sind fehlerbehaftet und leben selten tatsächlich das, was sie zu leben versuchen. Wie eh schon erwähnt, werden Leute, die schon ewig an ihrer Theorie arbeiten, wohl weniger von ihrem Standpunkt abrücken, wenn das ihr Lebenswerk zerstören würde. Also eben die Wissenschaft an sich erhebt eh keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit, nicht mal der vernünftige Wissenschafter als Individuum wird das bewusst tun, aber der ist trotzdem genauso wie jeder andere Mensch gewissen irrationalen Dingen, ich nenns mal psychologische Automatismen, unterworfen.
Es gab vor langer Zeit Leute, die ausgelacht wurden, weil sie irgendwas anders gesehen haben als der Rest der Wissenschaftsriege und trotzdem haben sie das dann hinbekommen und heute zweifelt da keiner mehr dran. Und ich vermute, sehr viel anders ist es in der Gegenwart auch nicht - Menschen sind eben Menschen.
Und zu dem konkreteren Problem mit Schul- vs. Alternativmedizin:
Da kommt ja neben einem sehr kleinen wissenschaftlichen Zweifel (k.A., Rechenfehler beim Auswerten, Menschen, die sich nicht von ihrem Punkt abbringen lassen, noch nicht messbare Größen etc.) ja halt dann z.B. dazu, dass der Nachweis, dass "echte" Medizin wirkt und homöopathische nicht, oft wenig mit der praktischen Anwendung der Erkenntnisse zu tun hat. Beispielsweise kann ich wohl auch ohne Medizinstudium davon ausgehen, dass "nimmst a Parkemed", wie es gern von so manchem "Arzt" aus meiner ländlichen Umgebung als Allheilmittel verschrieben wird, nicht so eingesetzt werden kann. Dafür hat der andere mit seinen "Wunderkugerln" vielleicht tatsächlich eine gute Erfahrung im Erkennen von Krankheitsursachen, sagen wir z.B. bei psychischen Problemen. Da verstehe ich den Pragmatismus, den Klausi erwähnte, schon sehr gut. Dass die Wissenschaft weiß, dass mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit die Wunderkugerl an Schas wirken, die Parkemed aber sehr wohl, hilft dem einzelnen möglicherweise wenig, der zuerst bei einem unfähigen Schularzt war und dann bei einem Wunderheiler tatsächlichen Heilerfolg bekommt (jetzt auch abgesehen von Placebo-Effekt).
Von dem ganzen abgesehen sollte aber natürlich trotzdem von den geltenden Erkenntnissen ausgegangen werden. Weil was sonst haben wir zur Verfügung. Bsp. Klimawandel: 99,9% der Klimaforscher sagen, dass die Erderwärmung deutlich durch den Menschen beeinflusst wird und dass das eine Sache ist, die absolut vermieden werden soll. Gut möglich, dass es die eine oder andere Studie gibt, die das Gegenteil in Ansätzen zu widerlegen versucht und von der dann ein Meer von Zweiflern zehrt. Auch möglich, dass sich die 99,9% alle irren weil sich einer wo verrechnet hat und keiner hat's gemerkt. Aber was bleibt uns anderes übrig, als auf den absolut größten Teil der besten Leute, die wir (die Menschheit) bisher auf dem Gebiet hervorgebracht haben, zu hören. Das ist das beste, was wir haben, und aus.
Und selbiges gilt halt imo auch für alle anderen Gebiete, wie eben die Medizin.
Deswegen hab ich persönlich auch riesen Probleme damit, wenn Astrologen staatlich finanziert Leben zerstören oder "Wunderheiler" von Krankenkassen finanziert werden, in die eine Allgemeinheit einzahlt. Verbieten würde ich so Alternativsachen auf keinen Fall. Schon allein deshalb nicht, um nicht von vornherein eine mögliche spätere Erkenntnis auszuschließen. Außerdem glaube ich an die Wichtigkeit der Entscheidungsfreiheit des Individuums. Aber jene Leistungen, die wir uns als Allgemeinheit gemeinsam leisten, sollten auf dem besten basieren, was wir als Allgemeinheit bisher hervorgebracht haben und das ist nun mal die Wissenschaft.
Und noch etwas: Dieses Intelligent Design Graffl, das den unbedingten Wahrheitsanspruch von Religion mit Unwissenschaftlichkeit in Anzweiflung von Erkenntnissen wieder einmal vereint, also wenn da auch in Europa wer auf die wahnwitzige Idee kommt, diesen Schwachsinn in Pflichtschulen auf gleicher Augenhöhe mit Biologie zu verzapfen, dann muss ich, glaub ich, irgendwas anzünden.
p.s. Auf die Sache mit der Wahrheit und ihrer philosophischen Bedeutung gehe ich jetzt nicht ein weil das eine Abstraktionsebene über dem zu lösenden Problem steht und hier imo für die Lösung nicht relevant ist.