gpl v2 vs. v3

  • wie einige sicher mitbekommen haben, gibt es momentan eine rege diskussion ob die neue version der gpl nicht zu weit geht. wie es scheint ist vor allem das linux kernel team fuer die alte version (v2). hierzu die meinung von linus torvalds ( http://kerneltrap.org/node/7161) und anderen kernel entwicklern (http://kerneltrap.org/node/7160). von seiten der FSF wird die situation natuerlich anders gesehen (http://www.fsf.org/news/gplv3-clarification).

    ist die gpl v3 "gefärhlich", weil sie zu viele rechte weg nimmt? glaubt ihr es koennte "forks" geben, wenn die FSF ihre programme auf v3 umstellt?

    ich selbst kann mich nicht eindeutig auf eine seite schlagen, da mir zb linus torvalds meinung, wie meist, zu unpolitsch ist, ich aber auf der anderen seite nicht einsehe, dass ausgerechnet die FSF freiheit beschneiden will. andererseits bin ich natuerlich gegen DRM. tjo, komplizierte gschicht ;)

    wie sieht eure meinung zu diesem thema aus?

    Willfähriges Mitglied des Fefe-Zeitbinder-Botnets und der Open Source Tea Party.

  • Ich fühle da voll mit dir. Ich stelle mich selbst auch lieber ins (linke) Eck der freien Software und begrüße alles was DRM zuwider läuft. Andererseits haben die Open-Source-Typen schon recht, wenn sie sagen, dass sie niemanden die Endbenutzung ihrer Erzeugnisse vorschreiben wollen.

    Ich schätze es wird einfach ein Nebenher von Version 2 und 3 geben; Linux sicher unter 2, das ganze GNU Zeugs sicher unter 3. Man muss in diesem ganzen "Streit" auch betonen, dass sowohl FSF-Menschen als auch Open-Source-Menschen in Zukunft sicher weiterhin zusammenarbeiten werden. Man darf das ganze also nicht zu eng sehen.

    Rein von der Ideologie her kann ich mich - wie schon gesagt - doch mit der Version 3 anfreunden.

  • Im aktuellen Linux-Magagin steht ein interessanter Artikel zur v3.

    Zitat von http://www.linux-magazin.de/Artikel/ausgabe/2006/10/recht/recht.html


    Problematisch wird es in Abschnitt 3. Hier möchten die Verfasser festzimmern, dass aus GPLv3-Code nichts entstehen kann, das im Sinne des Urheberrechts eine „wirksame technische Maßnahme“ gegen das Anfertigen von Kopien darstellt. Die deutschen Strafvorschriften beispielsweise verbieten es, solche Maßnahmen zu umgehen, etwa die handelsüblichen Kopierschutzverfahren bei CDs oder DVDs. Nach der gesetzmäßigen Definition von „Wirksamkeit“ genügt dabei, dass das Umgehen mit Aufwand verbunden ist, und sei er noch so gering: Ist die Schutzmaßnahme auch trivial, fällt sie doch unter die Vorschrift.


    Und:

    Zitat


    Die Macher der GPLv3 möchten dieser Gesetzesdefinition trickreich begegnen, indem sie ihr eine gegenläufige Definition entgegenstellen: Wenn das Gesetz schon Banales als wirksamen Schutz definiert, soll die GPL einfach festlegen, dass GPL-Software niemals als wirksamer Schutz gelten kann. Das geht natürlich nicht. Eine gesetzliche Definition lässt sich nicht einfach durch eine anders lautende vertragliche Vereinbarung ändern. Dann wäre jede unbequeme Vorschrift einfach wegzubedingen.


    Der Weg, der da gegangen wird, ist mir etwas zuwider, auch wenn ich auf jeden Fall für alles bin, was gegen DRM arbeitet. Was passiert aber, wenn RMS irgendwann entscheidet, dass er beispielsweise etwas gegen Country Music hat? Baut er dann auch eine Klausel ein, die versucht, Country Music in Zusammenhang mit freier Software zu verbieten?

    Lächerliches Beispiel, ich weiß, aber das ist die Art, in der da vorgegangen wird. Find ich persönlich ziemlich ungut, und ich kann mir nicht vorstellen, dass die v3, und die Art, in der man da versucht, Gesetze zurechtzubiegen, sich positiv auf die Akzeptanz von freier Software in "der Industrie" auswirkt.

    Die GPL kommt, so scheint mir das immer wieder, viel zu sehr aus der Ecke der Fanatiker und Schwarz-Weiß-Maler, und in der v3 werden solche Sichtweisen weiter getrieben, als es in der heutigen Zeit vernünftig wäre.

    Meine Meinung halt :)

    Restrain the specimen!

  • Die GPL kommt, so scheint mir das immer wieder, viel zu sehr aus der Ecke der Fanatiker und Schwarz-Weiß-Maler, und in der v3 werden solche Sichtweisen weiter getrieben, als es in der heutigen Zeit vernünftig wäre.

    OMG Breaking News, die Free Software Foundation handelt gesellschaftspolitisch motiviert. Wie perfid, dass sie das sonst immer so geschickt kaschiert hat!!1 >:o

    Spaetestens mit dem TiVo-"Skandal" (ich will diesen Vorfall hier gern ein wenig reiszerisch einen solchen nennen) hat sich gezeigt, dass es mehr als die GPL in Version 2 braucht, um die Freiheiten, die diese Lizenz eigentlich gewaehrlisten soll, auch tatsaechlich zu bewahren.

    Dass - unabhaengig davon - der Linux-Kernel nicht unter v3 relizenziert wird, ist aufgrund der urheberrechtlich problematischen Zersplitterung der Codebasis logisch und meiner Meinung nach auch ein wenig tragisch. Manche werden vielleicht muede laecheln, aber ich hoffe einfach auf HURD.

    Dass ein Packen zumindest in dieser Beziehung offenbar massiv ungebildeter Kernelentwickler sich anmaszt, die GPLv3 als Ganzes schlecht zu heiszen und in kindischer Artikulation zu verdammen, finde ich auf eine groteske Weise laecherlich. Shame on you, Mr. Torvalds. Aber dass der Typ nicht so wirklich den Durchblick hat, gibt er ja selbst zu - "Think of me as the engineer..." - ok. Dann aber bitte bei politischen, juristischen und letztendlich ethischen Fragen einfach still sitzen bleiben, danke.

    Gerade "in der heutigen Zeit", wo quasi jeder Arm der Elektronik- und IT-Industrie den Konsumenten in einseitige Abhaengigkeitsverhaeltnisse fuehren und binden will, sind drastische Masznahmen noetig. Ueberschwaenglich kompromissfreudiger Pragmatismus, wie ihn mein Lieblingsidiot ESR zuletzt prokalmiert hat, ist auf keinen Fall der richtige Weg.

    My 2 Cent.

  • Totales ack zu colos Posting, hätt ich nicht besser sagen können. Die FSF und Stallman im Besonderen waren ja eh immer schon linke Radikalisten, und das ist auch bitter nötig. Hätten die so genannten "Pragmatiker" wie Linus Torvalds oder ESR die Richtung vorgegeben und die GPL designt, dann wäre heute nicht mehr viel von freier Software übrig.

    Die GPL v2 ist auch schon radikal, und verwendet auch schon Rechtebeschneidung, um die essentiellen Rechte schlussendlich beizubehalten. Die GPL v3 nimmt sich nur ein paar Methoden dazu, ändert aber nix am Prinzip.

    Und so gern ich Torvalds & Co. glauben würde, dass sich DRM über den freien Markt wieder einrenken lassen kann, das spielt's leider nicht. Die breite Masse interessiert das genauso wenig wie der Unterschied zwischen quelloffen und gratis oder echten Standards und de-facto Standards. In Dingen, wo sich die Mehrheit der Leute nicht auskennt, kann man ebendiese nicht darüber entscheiden lassen. Genauso wie mit Minderheitengesetzen oder Klimaschutz. Da braucht es einfach Leute, die der Masse jetzt ein paar Rechte wegnehmen, damit nicht später alle Rechte durch Ignoranz, Unwissen und Außeneinwirkungen verloren gehen.

    Anders gesagt, ich finde die GPL v3 eine gute Sache und steh voll dahinter.

    "Egbert B. Gebstadter is the Egbert B. Gebstadter of indirect self-reference." - Egbert B. Gebstadter

  • Auch wenn ich v3 auch gut finde, kann ich colos Post nicht meine volle Zustimmung geben: ich würde nie auf die Idee kommen, von jemandem zu fordern, oder auch nur vorzuschlagen, zu ethischen Fragen zu schweigen. Auch wenn er keinen "Durchblick" hat; auch wenn er eine andere als meine Meinung vertritt ;)

    Aber was die GPL v3 betrifft, stimme ich dir schon zu. So wie ich das zunächst verstanden habe, dienen die Einschränkungen bezüglich DRM und Patenten dazu, zu verhindern, dass diese als Hintertür verwendet werden, um dem Benutzer die Rechte, die ihm die GPL verleiht, hinterrücks praktisch doch zu verweigern - Stichwort TiVoisierung.

    Hier geht es nicht darum, dass Stallman Courtrymusik oder DRM verbieten will, weil es ihm nicht in den Kram passt, sondern dass er dessen Verwendung zum Zwecke des Verweigerns der in der GPL zugesicherten Rechte verhindern will.

    Auch wenn ich mich beim zweiteren Durchlesen aber doch des Eindrucks nicht verwehren konnte, dass die Lizenz sagen soll, dass DRM in GPL'ed Software grundsätzlich verboten werden soll, hat ein weiteres Nachhaken dann doch ergeben, dass dem nicht so ist.

    Vgl. Stallmans Rede und Interview in Barcelona, insbesondere die Stelle bei [27:50] sowie die Fragen 7 und 11 (für die, die nur das Transcript lesen: die 11. - in spanisch gestellte - Frage ob die GPL unethische Einsätze des covered work erlaubt, ist zwar auch allgemein gemeint, aber es fielen auch die Worte DRM)

    Zitat von RMS

    Yes they have the right to implement DRM and distribute the software, but they don't have the right to impose it on the general public in a way that they cannot escape from.
    [...]
    We do not forbid the implementation of DRM. That is, GPL version 3 will no forbid people to modify the software so that it fails to do certain things. What we insist on is that whoever does this and distributes the crippled program respect the freedom of other people to add what is missing.

    So habe ich das also verstanden: es ist nicht prinzipiell die Implementierung von DRM verboten, sondern die Verwendung derselben zur Hintergehung der in der GPL getroffenen Vereinbarungen. Und in der Form finde ich das absolut vernünftig und unterstützenswert.

    Man kann sich das auch einfach als 11-dimensionale Zigarre vorstellen.

  • [ot]

    Auch wenn er keinen "Durchblick" hat; auch wenn er eine andere als meine Meinung vertritt ;)

    Mein Problem mit anderer Leute Meinung faengt erst dort an, wo subjektive Nuancen aufhoeren, und Mangel an tatsaechlicher Faktizitaet beginnt.
    Man muss sich nicht jeden Scheisz anhoeren, und es muss auch nicht jeder solche artikuliert werden.
    [/ot]

  • fuer alle die noch immer an der thematik interessiert sind, bietet sich vielleicht dieser auszug aus der LKML an ("Linus on the GPL, BSD, Tivo and the FSF").

    http://kerneltrap.org/node/8382


    [ot]falls jemand die BSD-lizenz schaetzt, kann er mir vielleicht erklaeren warum man sie verwenden sollte? so sehr ich darueber nachdenke, kann ich keinen guten grund finden und ich kann bis heute nicht verstehen warum leute wie theo de raadt, den ich ansich schaetze, fuer so eine lizenz eintreten koennen.[/ot]

    Willfähriges Mitglied des Fefe-Zeitbinder-Botnets und der Open Source Tea Party.

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